J. R. Moehringer

Tender Bar

Cover: Tender Bar
S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2007
ISBN 9783100496027
Gebunden, 459 Seiten, 19,90 EUR

Klappentext

Aus dem Amerikanischen von Brigitte Jakobeit. Ausgezeichnet als Buch des Jahres in "New York Times", "Esquire", "USA Today" und "Los Angeles Times". Eine Bar ist vielleicht nicht der beste Ort für ein Kind, aber bei weitem nicht der schlechteste. Vor allem das "Dickens" nicht, mit seinen warmherzigen und skurrilen Figuren: Smelly, der Koch, Bob the Cop und seine geheimnisvolle Vergangenheit oder Cager, der Vietnam-Veteran. Für den kleinen JR sind sie alle bessere Väter als seiner - wäre er da gewesen. Von ihnen lernt er Mut, Zuversicht und die Gewissheit, dass es nicht nur Gut und Böse gibt, dass Bücher Berge versetzen können und das man an gebrochenem Herzen nicht stirbt. In der Bar hört er zum ersten Mal Sinatra, sieht Baseballspiele im Fernsehen, und trinkt sein erstes Bier. Er lernt auch, dass Träume wahr werden können - wenn man für sie kämpft.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 17.04.2007

Durchaus angetan ist Tilman Urbach von J. R. Moehringers Roman über einen Jungen, der zwischen Armut und Rausch in einer New Yorker Bar sozialisiert wird. Das große Lob aber verwehrt er dem Autor. Er freut sich an den "schönen Geschichten" über skurrile Typen, Sonderlinge, alkoholisierte Philosophen, Angeber, die für den Erzähler zu Ersatzvätern werden. Auch bescheinigt er dem Autor, "vielstimmig und bunt" zu erzählen und "seelische Tiefen" gekonnt auszuloten. Allerdings scheint ihm der Roman oft ein wenig zu autobiographisch getönt. So hält er dem Autor vor, sich selten von seiner erlebten Realität lösen zu können. Dies führt zu Urbachs Bedauern zu etlichen Längen und Abschweifungen. Bisweilen hat er das Gefühl, die Figuren des Romans würden vorgeführt, ja "regelrecht ab-erzählt". Überflüssig wirkt auf ihn schließlich auch der Epilog über die Katastrophe des 11. September am Ende des Buchs.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 14.04.2007

Amüsiert, bewegt und betroffen zeigt sich Rezensentin Susanne Messmer zunächst von diesem Entwicklungsroman, der ihren Informationen zufolge tatsächlich im Wesentlichen in einer Kneipe spielt, die für den vaterlosen Helden des Romans eine Art Ersatzheimat ist, die ihn auf seinem Weg aus den Niederungen in die oberen Etagen der amerikanischen Gesellschaft immer wieder erdet. Doch je weiter sie dann liest, desto ermüdeter zeigt sie sich von der "einsträngigen Erzählweise" des Romans, seinen "abziehbildhaften" Klischees, "allbekannten Trinksprüchen und Tresenweisheiten". Am Ende kehrt sich ihr Lesegefühl völlig um: es ärgert sie, was sie anfangs noch amüsiert und bewegt hat, und sie wünscht, J. R. Moehringer hätte das Genre "Kneipenroman" samt seiner Figuren etwas ernster genommen, als damit nur die Geschichte eines Pulitzer-Preisträgers zu dekorieren, der sich das Trinken abgewöhnt und seiner Läuterung dann einen Bestseller abgewinnt.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 04.04.2007

Rezensent Thomas David mag dieses Buch nicht, spricht das aber nicht in wünschenswerter Klarheit aus. Erst mal setzt es sogar - wenn auch leicht vergiftetes - Lob für J.R. Moehringer als Autor, der "so richtig toll schreiben" kann. Das nützt ihm nur nichts, denn allein aus "toll schreiben" entsteht noch keine große Literatur. Übrigens auch kein Roman, wie David gleich hinzusetzen muss, denn die Geschichte des Helden JR, der in einer Bar aufwächst, habe offensichtlich die Züge des Autobiografischen. Und hinter den "Tatsachen" verschanze sich dieses Buch denn auch, ohne den Leser unter Einsatz der "Vorstellungskraft" zu involvieren. Ohne Vorstellungskraft aber keine Literatur, so Davids Gleichung, den "eindrucksvollen Sätzen" und dem riesigen Erfolg in den USA und der Verbreitung von "Mut und Zuversicht" zum Trotz.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 21.03.2007

Als Roman möchte Peter Körte das Buch eigentlich nicht lesen, lieber als Kneipenstory. Den Zusatz "a memoir", der das Buch im Original ziert, den der deutsche Verlag aber wegließ, vermisst er. Als ironisch überzuckerte "buchlange Reportage" aus dem eigenen Leben nämlich funktioniert J. R. Moehringers "Tender Bar" für Körte durchaus. In einem Roman dagegen hätte er die vorgetragenen so simplen wie augenscheinlich alkoholseligen Weisheiten schnell für abgestanden gehalten, das dem Autor zugestandene "Gespür für Pointen und Dramaturgie" hin oder her. Verstanden als "lesenswertes Lebensabschnittsbuch" zeigt das Buch sogar literarische Klasse, wenn auch von der eher bodenständigen Sorte: "Es erzählt einfach eine Geschichte".
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 20.03.2007

So richtig erwärmen kann sich Ulrich Baron nicht für J. R. Moehringers autobiografisch gefärbte Erzählung über einen Jungen, der mehr oder weniger in einer Bar aufwächst. Moehringers Bar in Manhasset auf Long Island betrachtet er jedenfalls als "Fixpunkt einer Kindheit und Jugend ohne Vater", mit einer "Auswahl rauer, aber herzlicher Ersatzväter". Er bescheinigt dem Buch durchaus Potential. Aber letztlich vergibt der Autor seines Erachtens viele Möglichkeiten. So hätte er sich "weniger Selbstbespiegelung", "mehr dichterischer Freiheit" und "wechselnden Figurenperspektiven" gewünscht. Dann hätte die "Tender Bar" seines Erachtens das Zeug, Nachfahrin von Steinbecks "Tortilla Flat" werden zu können. Bei Moehringer kann er sich allerdings nicht des Eindrucks erwehren, die Beschwörung seiner Bar solle nur kaschieren, "dass hier ein weiterer Journalist sein biografisches Familiensilber zu Markte trägt, um sich fortan Schriftsteller nennen zu können". Zwar bietet "Tender Bar" seines Erachtens vereinzelt durchaus gelungene Momente. Aber die müsse man in den 440 Seiten des Buchs erst Mal finden.
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