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Stichwort
George Steiner
6 Artikel
Vom Nachttisch geräumt 14.05.2019 […] Am 23. April wurde George Steiner neunzig Jahre alt. Seit er vor dreißig Jahren "Von realer Gegenwart. Hat unser Sprechen Inhalt?" vorlegte, hat er die Kritik gegen sich. Aus sehr niedrigen Beweggründen. Steiner ging damals von der Feststellung aus, dass nur wenige Künstler und Schriftsteller von ihrer Arbeit leben können, dass aber der Autor, der Künstler, ganzen Generationen von Kritikern und Wi […] Übermacht das Zeichen eines Verfalls, dem man sich nicht hingeben, sondern dem man entgegentreten sollte.
Die Kritiker fühlten sich beleidigt und kündigten dem mit einem Male gestrig gewordenen George Steiner die Verehrung. Dabei hat keiner von uns auch nur einmal einen Aufsatz geschrieben, der es an Konzentration und Klarsichtigkeit mit den Arbeiten des 1974-1994 in Genf lehrenden vergleichenden L […] Märchen vom Schöpfer Himmels und der Erde ist der Storchenschnabel, mit dessen Hilfe die Erfinder kleiner Geschichten sich zu Giganten machen, die die Welt in Gang halten.
Ich habe aufgehört von George Steiner zu erzählen. Habe ich das? Wie kaum ein anderer hält er fest an der Vorstellung, dass Wissenschaft und Literatur, dass Kunst und Mathematik, dass Musik und Physik alles Wege sind, uns in der Welt […] Von
Arno Widmann
Vom Nachttisch geräumt 08.01.2007 […] Es war und ist immer vergeblich. Und es wird immer vergeblich sein. Wir kommen nicht hinaus aus der Tretmühle unseres Denkens. George Steiner aber ist kein Propagandist der Ekstase, kein Vertreter des New Age, keiner, der sich einsuppen möchte im Urschleim. George Steiner liebt exakte Differenzen, präzise Äquivalenzen und Taktgenauigkeit. Dass das Denken nichts davon fördert, sondern am Ende nur Vages […] rappelt sich immer wieder auf. Ausgezählt wird sie nie. Man könnte die zehn Kapitel auch anders lesen. Als Ausschnitte nämlich aus unendlich vielen. - Mit dem Untertitel "Zehn (mögliche) Gründe" legt George Steiner diese Wendung nahe. - Dann wäre die "Traurigkeit" des zehnten Kapitels nicht das letzte Wort, sondern nach ihm ginge es weiter zur elften Geschichte, so wie es nach der "Traurigkeit" der dritten […] Dieser Sturm treibt ihn unaufhaltsam in die Zukunft, der er den Rücken kehrt, während der Trümmerhaufen vor ihm zum Himmel wächst. Das, was wir den Fortschritt nennen, ist dieser Sturm."
Aber George Steiner ist kein Engel. Er lebt nicht ewig, und der aufmerksame Leser ist ein ängstlicher Leser. Er fürchtet um den Autor. Wer "Warum Denken traurig macht" liest, wird den Gedanken nicht abwehren können […] Von
Arno Widmann