Am 10. März muss im Magazin
Guernica ein Streit kulminiert sein, der dazu führte, dass ein Text der israelisch-britischen Autorin
Joanna Chen, "From the Edges of a Broken World", von der Webseite des Magazins
entfernt wurde und mehrere Mitglieder der Redaktion das Magazin verließen (
mehr dazu hier). Auf der Seite, wo der Artikel stand, gibt es nur eine
dürre Entschuldigung: "
Guernica regrets having published this piece, and has retracted it. A more fulsome explanation will follow. By admin". Chen hatte über ihre Beziehung zu Israel geschrieben, das ihr lange fremd blieb, nachdem sie als 16-Jährige mit ihren Eltern von Blackpool, UK, dorthin gezogen war. Und von ihrem Engagement für
Road to Recovery, eine israelische NGO, die palästinensische Kinder aus dem Gazastreifen und der West Bank in israelische Krankenhäuser fährt. Und natürlich über den Schock des 7. Oktober und den folgenden Krieg. Mit bemerkenswertem Ergebnis, wie man bei
Washington Monthly lesen kann, das den Text
wiederveröffentlicht hat: "Es ist nicht leicht, die
Grenze der Empathie zu überschreiten und für beide Seiten Leidenschaft zu empfinden. Doch im Laufe der Tage verwandelte sich der Schock in einen dumpfen Schmerz in meinem Herzen und eine Schwere in meinen Beinen. Nachts lag ich im Bett auf dem Rücken im Dunkeln und hörte den Regen gegen das Fenster prasseln. Ich fragte mich, ob die
israelischen Geiseln im Untergrund, die Kinder und Frauen, überhaupt wussten, dass das Wetter kalt geworden war, und ich dachte an die Menschen in Gaza, die Kinder und Frauen, die in den von den Vereinten Nationen zur Verfügung gestellten Zelten kauerten oder Schutz suchten. Ich starrte an die Decke und stellte mir vor, wie sie sich immer näher auf mich zubewegte, nicht einstürzte oder zusammenbrach, sondern sich wie ein Fahrstuhl in den Boden senkte. ... Ich schränkte meinen Nachrichtenkonsum ein und schloss mich einer Reihe von
Solidaritätsgruppen an, Zoom-Treffen, bei denen die Menschen ihre Bestürzung und ihren Schock teilten. Aber es waren hauptsächlich Israelis, und ein Großteil der Gespräche drehte sich um
ihre eigene Seite. Eine Frau brachte ihre Wut darüber zum Ausdruck, dass keiner der Palästinenser, die sie durch ihre ehrenamtliche Arbeit kannte, sich am 7. Oktober gemeldet hatten um zu fragen, wie es ihr gehe und ob ihre Familie in Sicherheit sei. Ich zuckte innerlich mit den Schultern angesichts dieses Gefühls. Die Palästinenser im Westjordanland hatten mit ihren eigenen Problemen zu kämpfen: Schließung, Arbeitsunfähigkeit,
drohende Massenverhaftungen durch die israelische Armee und
Schikanen durch Siedler. Niemand war sicher." Zwei Wochen nach Beginn des Krieges fing Chen wieder an, palästinensische Kinder in israelische Krankenhäuser zu fahren.