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Essay
376 Artikel - Seite 2 von 26
In der brennenden Falle
Essay
07.10.2022
Vor hundert Jahren wurde die
Vielvölkerstadt Smyrna
in Brand gesteckt. Heute feiert die Türkei diese Tragödie als Befreiung von Izmir, ein fast vergessene Katastrophe in dem an Katastrophen so reichen 20. Jahrhundert.
Giles Milton
erzählt in "Das Inferno von Smyrna", wie diese Stadt, dieses Inbild der Levante, ausgelöscht wurde. Dass die Türkei diese Geschichte aufgearbeitet hätte, lässt sich nicht behaupten.
Von
Peter Mathews
Ich danke den Verhältnissen für ihre Widersprüche
Essay
06.10.2022
" Essays gleichen Erkundungsgängen, sprich: sie geben unserem ganzen
nicht getrosten Dasein
und dem Nicht-ganz-bei-Trost-Sein-darin Raum", so
Marie Luise Knott
am 23. September 2022, als sie für ihren Langessay "370 Riverside-drive, 730 Riverside Drive" mit dem Tractatus-Preis für philosophische Essayistik ausgezeichnet wurde.
Wie eigentlich dankt man
, wenn man für etwas ausgezeichnet wird?
Von
Marie Luise Knott
Grimassenhaft, aber listig choreografiert
Essay
13.09.2022
Ein
hysterischer Zug
, ein Hang zum lauten Symbol mit Echo, durchzieht das Werk dieses Fotografen und Filmemachers. Von seinem frühesten Fotobuch, "Life is Good & Good for You in New York" über seine Filme "Who are you, Polly Maggoo?" und "The French" bis zum Spätwerk. Dabei mischte er unter anderem sogar die
japanische Fotografie
auf. Zum Tod des Fotografen und Filmemachers
William Klein
.
Von
Ulf Erdmann Ziegler
Erleichterung und Zufriedenheit
Essay
30.08.2022
Seit zehn Jahren läuft der
Hamburger Staatsvertrag
mit den Islamverbänden, und er wird wohl weiterlaufen. Der Vertrag bringt diesen Verbänden Einfluss und Status, obwohl überhaupt nicht klar ist, wen sie - außer Staaten, die Einfluss nehmen wollen - überhaupt repräsentieren. Die versprochene Evaluierung des Vertrags entpuppt sich als Wohlfühlveranstaltung. Richtig wäre eigentlich, die
Sinnhaftigkeit von Staatsverträgen mit Religionsgemeinschaften
grundsätzlich zu überprüfen.
Von
Necla Kelek, Peter Mathews
Reale Naherwartung
Essay
19.08.2022
Denis Newiak
erzählt in "Blackout" vom Nutzen und Nachteil der
Fiktion fürs Überleben
: Er überprüft Filme und Serien auf Szenarien, die jederzeit real eintreten können, etwa die eines
totalen Stromausfalls
und seiner Auswirkungen auf das Funktionieren unserer Gesellschaft. Damit leitet er womöglich einen Paradigmenwechsel der Medientheorie ein. Aber andererseits können auch dytopische Serien und Filme einen Paradgmenwechsel gebrauchen: hin zu
zukunftskritischen Realfiktionen
.
Von
Daniele Dell'Agli
Demokratie in der Zwillingskrise
Essay
18.06.2022
Global betrachtet durchlebt die Demokratie
eine Schwächephase
. Von innen wird sie durch
Populismus
angegriffen. Von außen
durch Krieg
. Die Zahl der demokratischen Länder sinkt. Das eben noch umworbene
China
zeigt in der Coronakrise sein wahres Gesicht. Wie können wir die Demokratie wieder fit machen? Eine Idee wären
Bürgerräte
. Rede der Bundestagspräsidentin zum 75. Geburtstag der Evangelischen Akademie in Tutzing.
Von
Bärbel Bas
Entweder Nie wieder oder Nie wieder
Essay
12.05.2022
Es gibt nicht ein "
Nie wieder
", es gibt zwei. Es gibt ein "
Nie wieder Krieg
" und ein "
Nie wieder Auschwitz
". Sie sind alles andere als miteinander identisch. Die
Emma-
Brief-Autoren ziehen auch aus dem jüngsten Krieg noch die Lehren aus den
fünfziger Jahren
: Es zeigt sich, dass wir den
Schock des Krieges
viel tiefer verinnerlicht haben als den des Holocaust. Habermas, Kluge, Schwarzer und Co. haben die
antitotalitären Lehren
aus der Geschichte nie gezogen.
Von
Thierry Chervel
Das keusche Gewand
Essay
02.05.2022
Männerbünde
sind Heimstätten der Homosexualität - und pflegen in aller Regel zugleich
homophobe Rhetoriken
. Dass das Priesteramt für Homosexuelle attraktiv ist, versteht sich gewissermaßen von selbst. Wenn die
Katholische Kirche
sich nicht zum Abschied vom Zölibat durchringt und einen neuen Priestertypus zulässt, wird sie ihre Missbrauchs-Pathologien nicht überwinden können.
Von
Jochen Hörisch
Ein Pionier der Aufklärung
Essay
26.04.2022
Übermorgen vor 250 Jahren wurde der Altonaer Arzt und Aufklärer
Johann Friedrich Struensee
in Kopenhagen hingerichtet. Zunächst wurde ihm die Hand abgehackt.
Drei Beilhiebe
brauchte der Henker anschließend, um ihm den Kopf abzutrennen. Struensee hatte in Dänemark als Regent unter Christian VII. die erste
totale Pressefreiheit
der Welt erlassen. Er reformierte Dänemark in vielen Bereichen und revolutionierte die
Öffentlichkeit und das Privatleben
. Was hat ihn aufs Schafott gebracht?
Von
Frederik Stjernfelt
Aus dem Giftschrank gepurzelt
Essay
08.02.2022
Arte
zeigte neulich den Splatter-Klassiker "
Day of the Dead
", aber dann auch ganz schnell
wieder nicht
. Aus der Mediathek wurde sogar der Programmhinweis gestrichen. Dem Sender war wohl nicht bekannt, dass der Film in Deutschland nicht nur indiziert, sondern
regelrecht verboten
ist. Wie ein ganzes Genre, das in Deutschland dadurch marginalisiert wurde. Um das verstehen, bedarf es einer Rückblende ins Zeitalter der Videotheken und der frommen Moralapostel. Und um es
zu beenden
, bedarf es einer Gesetzesänderung.
Von
Thomas Groh
Blick und Anblick
Essay
31.12.2021
"…ausdauernd überrundet von Wortläufern / und global organisiertem Nachschub / über Gegenden hinweg / denen Zeitdruck in Deutschland die Landschaft abnötigt…" Zum achtzigsten Geburtstag der Dichterin
Anne Duden
Von
Uta Ruge
Ithaka gab dir die schöne Reise
Essay
02.12.2021
Ist
Reisen
nur eine andere Form von Flucht? Als ich im Sommer 2016 nach
Idomeni
fuhr, um dort ehrenamtlich beim Dolmetschen für die Geflüchteten zu helfen, da erinnerte ich mich, dass ich schon einmal, nämlich im September 1976, auf dieser Route mit dem Bus unterwegs war. Die Fluchtroute war auch eine
klassische Route
des Reisens und Handels. Aber auch des Krieges. Hommage auf die Fortbewegung.
Von
Najem Wali
Im Kern kulturrelativistisch
Essay
16.11.2021
Bundespräsident
Frank-Walter Steinmeier
hat eine Anthologie herausgegeben, in der die Heroen und Heroinnen der
demokratischen Idee
aus dem 19. Jahrhundert gewürdigt werden. Aber so sympathisch das Anliegen, man spürt doch die Absicht: Ein Anthologie
entpolitisiert die Geschichte
, reduziert sie auf Einzelschicksale und stellt alles ins milde Licht der Diversity. Was fehlt sind nicht nur einige Protagonisten wie Ludig Börne oder Ferdinand Lassalle. Was fehlt, sind der Rahmen und auch die Genealogie
der problematischen Linien
deutscher Politik.
Von
Peter Mathews
Klangvergessenheit
Essay
27.08.2021
Die Geschichte der Neuen Musik ist eine der
Befreiung der Klänge
. Was die Befreier aber nicht bedacht haben: Die Freiheit von den Form- und Strukturzwängen der Harmonielehre erweist sich als gleichbedeutend mit der
Entsorgung von Affekten
, Gedächtnisspuren und Assoziationsbahnen und damit von potenziellen Klangresonanzen jedweder Art. Man hatte gewissermaßen das Kind mit dem Bade ausgeschüttet und anschließend gehofft, für
das Unerhörte
, das man zu erforschen begann, würde sich irgendwann ein neuer Subjektraum mit neuen Gesten und Gefühlen von selbst einstellen.
Claude Debussy
beschritt den anderen Weg.
Von
Daniele Dell'Agli
Im neuen Turm zu Babel
Essay
23.08.2021
Seit dem "
narcissistic turn
" verlangt jede Gruppe, durch Sternchen oder Unterstriche in ihrem Sosein respektiert zu werden. Es sind
keine anonymen Mächte
, die diese neuen Gepflogenheiten einführen. Die Verantwortlichen sitzen in Geschäftsleitungen und Redaktionen. Aber ist es nicht so, dass literarische Texte einen Widerstand gegen die an gruppenspezifischen Empfindlichkeiten ausgerichteten Ansprache-Formeln entwickeln, eben weil Literatur
potenziell mit allen
spricht? Wortwechsel einer Lektorin und einer Übersetzerin.
Von
Katharina Raabe, Olga Radetzkaja
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