Efeu - Die Kulturrundschau - Archiv

Design und Mode

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Efeu - Die Kulturrundschau vom 11.05.2024 - Design

Die Ausstellung "Bauhaus und Nationalsozialismus" in der Klassik Stiftung Weimar sorgt für Graustufen im sonst vorherrschenden historischen Bild vom Bauhaus, das von den Nationalsozialisten unterdrückt wurde und zu diesen auf Distanz ging, schreibt Sophie Jung in der taz. Zwar wurden einige Bauhauskünstler verfolgt und manche sogar in den Konzentrationslagern ermordet. Einige machten aber auch Karriere - Fritz Ertl etwa gestaltete Pläne für das KZ Auschwitz-Birkenau. Und die Nationalsozialisten konnten der klaren Bauhaus-Linie ästhetisch durchaus etwas abgewinnen - für Zeitungsporträts ließ sich Hitler auch mal im Freischwinger ablichten. "Die Moderne als rationales Projekt, sie findet bei Ertls Architekturplänen ihren düstersten Abweg. ... Die Produktwelt des Reichs liegt zwischen braunem Mief und Fortschrittsversprechen. Es ist daher eine zu einfache, vielleicht zu schöne Erzählung, die serifenlose Schrift am schmiedeeisernen Tor des KZ Buchenwald mit dem zynischen Spruch 'Jedem das Seine' sei ein stiller Widerstandsakt des Bauhäuslers Franz Ehrlich gewesen. Der Kommunist wurde 1938 als Buchenwaldhäftling dazu gezwungen, das Tor zu gestalten, seine modern-runde Typografie war nicht subversiv, sie hat der SS einfach gefallen."

Silke Wichert hat in der NZZ viel Freude an den Auftritten von Lauren Sánchez, der Verlobten von Jeff Bezos, bei öffentlichen Anlässen: Stilkritiker mögen mit den Augen drehen, aber "wenn Stilberater immer sagen, man solle seinen eigenen Stil finden - voilà!".
Stichwörter: Bauhaus, Nationalsozialismus

Efeu - Die Kulturrundschau vom 07.05.2024 - Design

Gerhard Matzig zieht in der SZ den Hut vor dem verstorbenen César Luis Menotti, aber nicht im Hinblick auf dessen Profession als Fußballtrainer, sondern als Stilikone, als Mensch mit Sinn für Schönheit und Genuss. "Gilt der Roxy-Music-Frontmann Bryan Ferry bis heute als godfather of style im Pop, so stieg Menotti nur leicht zeitversetzt, nämlich bei der WM 1978 in Argentinien, aus dem Zigarettenrauch, nicht ganz wie die Botticelli-Venus aus dem Schaum, aber eben als jemand, der die Schönheit im Fußball und abseits des Fußballs als etwas Existenzielles zu würdigen wusste: Dazu musste man ihn noch gar nicht gehört haben, dazu reichte es schon, ihn erst mal nur auf der Bank sitzen zu sehen. ... Dass Menotti dem Fußball und der Schönheit, dem Inhalt und der Form gleichermaßen Respekt zollte, sah man übrigens immer an seiner sehr überlegt gewählten Kleidung. Falls man ihn und seine Kleidung im Zigarettenrauch noch entdeckte. Diese Lässigkeit, diese Eleganz ..."
Stichwörter: Fußball, Menotti, Cesar Luis

Efeu - Die Kulturrundschau vom 06.05.2024 - Design

Früher kam kaum eine Jugend- und Subkultur ohne sie aus, einen Aufkauf durch einen Finanzinvestor und Börsengang später steht es um die klassischen Doc-Martens-Schuhe allerdings insbesondere wirtschaftlich ziemlich schlecht, fürchtet Michael Pilz in der Welt. Womöglich sind es für die Stiefel einfach keine guten Zeiten mehr, "nachdem die digitalen Netze alle Subkulturen erledigt haben, bis auf jene, die sich allen offenen Netzwerken verweigern wie die Ultras in den Fußballstadien, die allerdings auch keine Docs mehr tragen, sondern Sneakers. Moden, die aus den in sich geschlossenen Kulturen des vergangenen Jahrhunderts stammen, Marken wie Doc Martens und Fred Perry, Merc, Lambretta und Ben Sherman, finden sich längst in einer verhängnisvollen Dialektik wieder. Einige wurden bereits zwischen Diversität und Distinktion zerrieben. Andere werden getragen und gekauft, weil sie sich ständig neu erfinden, ohne es sich mit den Alten zu verderben. Zwar steht der Fred-Perry-Lorbeerkranz für nichts mehr, außer für sich selbst, aber er steht, und die Geschäftszahlen scheinen stabil zu sein. Weniger gut sieht es für Dr. Martens aus und seinen Schuh zum Polohemd."

Efeu - Die Kulturrundschau vom 03.05.2024 - Design

Für die FAZ spricht Alex Bohn mit den Designern Hillary Taymour und Charlie Engman über deren Modemarke Collina Strada. Niklas Maak beobachtet in Frankfurter Allgemeine Quarterly mit Wohlwollen, dass Renault mit seinem Modell 5 dem Elektroauto endlich etwas ästhetischen Glanz verleiht.

Efeu - Die Kulturrundschau vom 16.04.2024 - Design

Sehr interessiert geht tazlerin Brigitte Werneburg durch Olivier Saillards und Emanuele Coccias Ausstellung "The Many Lives of a Garment" im ITS Academy Museum of Art in Fashion in Triest, in der es um "die Inszenierungen des Körpers und damit des Selbst durch Kleidung an den unterschiedlichsten Schauplätzen des Alltags" geht: "Da ist das Kleidungsstück, das ausgezogen am Boden liegt und in dem man noch immer die Form des Körpers erkennt. Die Outfits aber in der klassischen Museumsvitrine werden wie Reliquien andächtig bestaunt, verheißen sie doch eine Begegnung mit ihren Trägerinnen Tilda Swinton und Charlotte Rampling, Ikonen unserer Zeit. Ein Haute-Couture-Kleid, das ein Mannequin vor sich herträgt, macht bewusst, dass diese Schneiderkunst vor allem sich selbst präsentiert. Aufgrund der unverkennbaren Handschrift der Modeschöpferin oder des Designers ist das Kleid insofern Werbung für die Trägerin, als sich das Image des Hauses auf sie überträgt. Es ist selbst noch im Zustand des Verfalls spürbar, wie vom Licht ausgebleichte und vom Tragen formlos gewordene Kreationen von Dior und Balenciaga schmerzlich bewusst machen."
Stichwörter: Mode

Efeu - Die Kulturrundschau vom 15.04.2024 - Design

Carmen Böker (Zeit Magazin) und Jürg Zbinden (NZZ) schreiben zum Tod des Modedesigners Roberto Cavalli (weitere Nachrufe bereits hier).

Efeu - Die Kulturrundschau vom 13.04.2024 - Design

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Ein Beitrag geteilt von Roberto Cavalli (@roberto_cavalli)

Roberto Cavalli ist tot. Er war der Modedesigner, der "Glamour und Exzess zelebrierte, indem er seine Models und Schauspielerinnen mit Leopardenmustern, in mit Juwelen geschmückten Jeans, in Satin-Korsette und anderen völlig unbekümmerten protzigen Kleidern auf den Laufsteg, bzw. den Roten Teppich schickte", schreibt Steven Kurutz in der New York Times. Seine "Aufmerksamkeit suchenden, viel Haut zeigenden Kleider waren nichts für Introvertierte. Auch war seine Marke nicht intellektuell. Stattdessen spielte Cavalli mit dem spaßigen, flamboyanten, hedonistischen Aspekt von Mode. ... Stets sonnengebräunt und immer eine Zigarre im Mund, verfolgte Cavalli einen Lebensstil, der so Rock'n'Roll war wie seine Kleider. Er flog seinen eigenen, schillernd violetten Helikopter und bereiste das Mittelmeer mit seiner ebenfalls violetten Yacht." Für Vogue führt Laird Borrelli-Persson durch Cavallis Schaffensphasen.

Golgotha Chair by Gaetano Pesce, 1972


Gestorben ist auch der große Gaetano Pesce. Künstler wäre eigentlich eine bessere Beschreibung für ihn als Möbeldesigner, meint Peter-Philipp Schmitt in der FAZ. Als der Unternehmer Cesare Cassina "1971 eine Marke für Experimentaldesign gründete, Braccio di Ferro, übernahm Pesce die Leitung. Mit ihr entwickelte er die Stuhlserie Golgotha, eine Anspielung auf den Ort, wo Jesus angeblich gekreuzigt wurde. Das allein war schon gewagt. Inspiration war darüber hinaus das Grabtuch Christi. Pesce legte sein Tuch aus Glasfasergewebe, Polyesterfasern und Epoxidharz über einen Würfel und hängte die Lehne an zwei Haken auf. Bevor das Ganze aushärtete, gab eine Person mit ihrem individuellen Körperabdruck dann dem Sitz seine Form. Pesce lehnte die gleichmacherische Globalisierung ab, die eigentlich Grundlage serieller Produktion ist. Sein Ziel waren Serien aus Unikaten. Und dafür eignete sich besonders Kunstharz, das bei seinen Vasen, Stühlen oder Spiegeln, jeweils ein wenig anders, in Formen floss."
Stichwörter: Cavalli, Roberto, Mode, Modedesign

Efeu - Die Kulturrundschau vom 12.04.2024 - Design

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Ein Beitrag geteilt von André Villas-Boas (@officialandrevillasboas)



In der SZ schreibt Gerhard Matzig zum Tod des Auto-Designers Paolo Pininfarina, dessen "Firma einige der schönsten Autos der Welt gestaltet" hat. Dazu zählt etwa der heute sündhaft teure Ferrari 500 Mondial aus den Fünfzigern, "ein Kunstwerk. Wenn der Satz der Futuristen, wonach ein Rennwagen schöner sei als eine antike Skulptur, je gültig war: dann im Angesicht eines Autos, das kein Auto, sondern ein Gottesdienst ist." Im Gegensatz zum heutigen, allgemein gängigen Autodesign, das "zum Teil zur Groteske verkommen" ist. "Die Gestaltungsabteilungen etlicher Autofirmen standen früher mit an der Spitze der Unternehmen - heute haben sie oft etwas von untergeordneten Befehlsempfängern. Und dann wundert man sich, warum die Leute die Autos, die man nur mit einer Papiertüte über dem Kopf fahren möchte, nicht mehr lieben. Paolo Pininfarina war einer der großen Liebenden."

Besprochen wird Francesca Cartier Brickells Buch "Die Cartiers. Eine Familie und ihr Imperium" (online nachgereicht von der FAZ).

Efeu - Die Kulturrundschau vom 10.04.2024 - Design

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Ein Beitrag geteilt von Palais Galliera Musée de la Mode de Paris (@palaisgallieramuseedelamode)


Das Palais Galliera in Paris zeigt Fotografien von Paolo Roversi, darunter dessen zahlreiche Modefotografien für namhafte Häuser - wobei Roversis ästhetisch avancierte Arbeiten auf ihren Eigensinn pochen: "Die Technik ist hier bloß Mittel zum Zweck", schreibt Marc Zitzmann in der FAZ, und "dieser lautet: Verfremdung, Verwandlung, Verzauberung. Roversis Modefotografien - für Häuser wie Alaïa, Armani, Jean Paul Gaultier, Yves Saint Laurent, vor allem jedoch Romeo Gigli, Yohji Yamamoto und Comme des Garçons - fokussieren nicht auf Outfits. Sie schaffen vielmehr poetische Visionen, suggestive Traumgesichte, die selbst kompromisslos radikale Kreationen wie jene von Rei Kawakubo mit einer Aura von Verführung und Fragilität umgeben. In diesen Aufnahmen verschwimmen Konturen, vervielfachen sich Schatten, verblühen oder verglühen Farben, reizt die Linse gleich Vermeers Pinsel das Spiel zwischen fokussiertem Vorder- und flauem Hintergrund aus."

Efeu - Die Kulturrundschau vom 06.04.2024 - Design

Sophie Jung wirft für die taz einen Blick auf die Finalisten des Designpreises, den das Kofferunternehmen Rimowa ausgelobt hat und "kriegt den Eindruck, die Zukunft, für die sie entwerfen, befindet sich in einer steten Krise. Schutz, Panzer, Therapie sind häufige Motive dieser Designs".