Die
Welt bringt einen
Text jüdischer Studenten, die auf die antisemitischen Ausschreitungen an der
Columbia University reagieren: "Wir waren … nicht überrascht, als ein Anführer von 'Columbia University Apartheid Divest' (CUAD) öffentlich und stolz sagte, dass 'Zionisten nicht verdienen zu leben' und dass wir Glück haben, dass sie "nicht einfach losziehen und
Zionisten ermorden'. Wir fühlten uns hilflos, als wir beobachteten, wie Studenten und
Dozenten jüdische Studenten physisch daran hinderten, Teile des Campus zu betreten, den wir gemeinsam nutzen, oder als sie sogar schweigend ihr
Gesicht abwandten. Dieses Schweigen ist uns vertraut. Wir werden es nie vergessen. Aber eines ist sicher. Wir werden nicht aufhören, für uns selbst einzutreten. Wir sind stolz darauf, Juden zu sein, und wir sind stolz darauf, Zionisten zu sein."
Yascha Mounk wundert sich im
Spectator (die
Welt hat den Text heute übernommen), nicht über die aktuellen Proteste an der Columbia University. Der weit gefasste amerikanische Begriff von
Meinungsfreiheit lässt selbst
Holocaust-
Leugnung zu, zudem behandeln die Unis ihre Studenten wie Kinder, die verwöhnt und
umschmeichelt werden müssen, schreibt er. Dazu kommt: "Heutzutage sehen sich viele Professoren und Verwaltungsbeamte als natürliche
Erben der Studentenbewegung. Viele führende Universitäten beschreiben die Ereignisse von 1968 mit einer Mischung aus Stolz und Nostalgie und vermarkten sich aktiv als großartige Orte für politischen Aktivismus. Auf einer Website der New York University, die sich beispielsweise an angehende Studierende richtet, gibt es eine dreiteilige Serie darüber, wie sie lernen können, 'wie progressive Veränderungen in der Praxis aussehen'. Viele Universitäten bieten
Stipendien an, die sich ausdrücklich
an Aktivisten richten, und nehmen Studierende als Anerkennung für ihr Engagement an der High School auf. Sobald die Studierenden auf dem Campus ankommen, stellen sie fest, dass sich die Mehrheit des Personals weit links vom Durchschnittsbürger verortet."
Die Proteste an der
Freien Universität in Berlin zeigen, wie weit die
Meinungsfreiheit in Deutschland reicht, schreibt in der
SZ Ronen Steinke, der jenen, die meinen sie dürften hierzulande Israel nicht kritisieren, rät, aufzuhören zu jammern: "Man kann in diesem Land das komplette Israel als 'koloniales Projekt' schmähen, man kann 'Fuck you, Israel!' im Chor skandieren, man kann fordern, dass die Uni 'akademisch und kulturell'
alle Israelis boykottieren solle. Man kann das so laut tun, wie man möchte, auch so aufgewühlt, wie man sein darf und vielleicht auch sein sollte angesichts des schreienden Unrechts der israelischen Militärschläge auf zivile Ziele im Gazastreifen. (…) Man kann in Deutschland erleben, wie eine Universitätsleitung sich diesen Protest durchaus lange ansieht - bis sie irgendwann, wenn Demonstranten auch noch verschlossene Hörsäle aufbrechen und Feueralarme zerschlagen, von ihrem
Hausrecht Gebrauch macht. Und wie die Polizei dann - erst dann! - die Demo auflöst, so wie es ihre
Pflicht ist."
Zunächst hundert, inzwischen 300
Berliner Uni-Dozenten hatten sich in
einem offenen Brief gegen die
Räumung des FU-Campus gewandt: "Es ist keine Voraussetzung für grundrechtlich geschützten Protest, dass er
auf Dialog ausgerichtet ist. Umgekehrt gehört es unseres Erachtens zu den Pflichten der Universitätsleitung, solange wie nur möglich eine
dialogische und gewaltfreie Lösung anzustreben." (Die Antwort auf die Frage, wie genau man in Dialog mit jemand tritt, der einen Dialog ablehnt, ist wahrscheinlich weiterer Forschung vorbehalten.) Nicht allzu viele bekannte Namen bei den Unterzeichnern, darunter Michael Barenboim, Naika Foroutan, Rahel Jaeggi. Zu den 600 externen Unterstützern gehören übliche Verdächtige wie Eva von Redecker, Mithu Sanyal, A. Dirk Moses.
Bundesbildungsministerin
Bettina Stark-Watzinger äußerte sich schockiert über das Papier,
berichtet etwa Daniel Bax in der
taz, "das Statement mache sie '
fassungslos': Statt sich klar gegen Israel- und Judenhass zu stellen, würden die Uni-Besetzer verharmlost. Gerade Lehrende müssten 'auf dem Boden des Grundgesetzes stehen'."
Wie der "Dialog" mit den Uni-Besetzern aussah, erzählt Thomas Thiel in der
FAZ: "Besonders hoch schlugen die Wellen in Berlin, wo die Proteste zunächst an der HU und später an der FU mit Polizeigewalt beendet wurden. Beide Male setzten die Demonstranten die Kommunikationsverweigerung fort. An der HU wurde die Präsidentin Julia von Blumenthal
niedergebrüllt, als sie den Demonstranten ein Diskussionsangebot machte. Journalisten wurden mit Lügenpresse- oder, wie an der Freien Universität, mit
NS-Vorwürfen überzogen."
Noam Petri, Vizepräsident der Jüdischen Studierendenunion Deutschland,
staunt in der
Jüdischen Allgemeinen über die
woke Liebe zur Hamas: "Man kann sich darüber lustig machen. Es wirkt schließlich wie Realsatire, wenn woke Studenten ihren
potenziellen islamistischen Schlächtern zujubeln. Trotzdem meinen sie es ernst. Diese Studenten - unsere Bildungselite? - werden in den nächsten Jahren
wichtige Ämter bekleiden und versuchen, Institutionen nach ihrem Weltbild umzubauen."