01.04.2008. Auch wenn das Wetter etwas anderes sagt, bei den Büchern hat spätestens mit der Leipziger Buchmesse der Frühling eingesetzt. Die schönsten neuen Gewächse haben wir in den besten Büchern des Monats versammelt.
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- im vergangenen
Bücherbrief- in der
Krimikolumne "
Mord und Ratschlag"
Frisch ausgewertet haben wir die
Literaturbeilagen zur Leipziger Buchmesse.
LiteraturMarcel BeyerKaltenburgRoman
Marcel Beyers "Flughunde" von 1995 sind hochgerühmt und beinahe schon ein Klassiker. Sein neuer Roman ist noch besser, glaubt man der euphorischen Reaktion der Feuilletons. In der
FAZ ist die Geschichte über den
Ornithologen Ludwig Kaltenburg, der trotz einiger dunkler Flecken in der Vergangenheit in der DDR zum einflussreichen Wissenschaftler aufsteigt, der Aufmacher der Frühlingsbeilage. Auch in den anderen Zeitungen glänzt Beyer. Durch den Zauber der Sprache hebt sich für die
NZZ hier der
Schleier der Geschichte, und zwar zum Glück ganz anders als beim gerade grassierenden "Erinnerungsoptimismus" eines Jonathan Littell. Auch der
SZ gefällt besonders Beyers souverän gepflegtes Misstrauen gegenüber dem Erinnerungsvorgang.
Feridun ZaimogluLiebesbrandRoman
Feridun Zaimoglu hat Clemens Meyer den Preis der Leipziger Buchmesse überlassen müssen. Dieser Liebesroman der
ungewöhnlichsten Art ist damit leider ein wenig in den Hintergrund gerückt. Die
Zeit ist um Richtigstellung bemüht und macht mit dem "Liebesbrand" ihre Beilage auf. Auch andere Kritiker kann der sprachmächtige Zaimoglu mit dieser Geschichte von einem Unfallopfer, das sich in seine
Retterin verliebt und ihr durch halb Europa nachspürt, begeistern. Die
taz wird gar pathetisch. Wessen
Herz noch schlägt, der muss sich in dieses Buch verlieben, flötet sie. Die
FR preist Zaimoglus herrlichen
Sinn fürs Burleske, die
SZ mag die melancholische Komik. Brandheiß!
Bill BufordHitzeAbenteuer eines Amateurs als Küchensklave, Sous-Chef, Pastamacher und Metzgerlehrling
In Frankfurter Redakteursstuben bewundert man die Leidensfähigkeit des New Yorker Kollegen
Bill Buford, der seinen gutbezahlten Job beim
New Yorker kündigte, um in diversen Restaurantküchen zu schuften. Die
FR sieht hier nicht nur eine leidenschaftliche Reportage vorliegen, sindern spürt auf jeder Seite die Sehnsucht nach den
ursprünglichen Genüssen, die Buford antreibe. Die
FAZ schätzt besonders, dass Buford auch Dinge verrät, die nicht in Kochbüchern stehen, und will nach der Lektüre gleich selbst Hand anlegen.
Yasmina RezaFrühmorgens, abends oder nachtsRoman
Die vielschreibende
Yasmina Reza ist dem vielbeschäftigten
Nicolas Sarkozy im Jahr vor der Wahl zum französischen Staatspräsidenten so nah
auf die Pelle gerückt wie sonst niemand. Drei Monate nach seiner Amtseinführung schon kam ihr Report in Frankreich heraus, jetzt ist es auch hierzulande zu haben. Und keineswegs veraltet, meint die
FAZ. Dank des glänzendem Beobachtungs- und Sprachvermögens der "
Vivisekteurin" Reza erfahre man nicht nur einiges über den hyperaktiven Präsidentenanwärter, sondern auch über die Gesellschaft, die er auf Wahlkampftour becirct.
Dejan Enev Zirkus BulgarienGeschichten für eine Zigarettenlänge
In den Geschichten des bulgarischen Schriftstellers
Dejan Enev tönt für die
FAZ der Balkan-Blues. "
Überlebensgedichte" hat sie hier gelesen, die von den Träumen am Rande Europas zeugen. Ob nun unglückliche Schuldeneintreiber oder freundliche Hochstapler, in diesem Band tummeln sich lauter liebenswerte Gescheiterte. Das liegt nicht nur am wunderbaren Enev, wie die
FAZ vermutet, sondern auch an der mündlichen
Erzähltradition Bulgariens und der fantastischen Übersetzung.
SachbuchTilman NagelMohammedLeben und Legende
Rund um den Islam sind in den vergangenen Jahren Unmengen von Büchern erschienen. Viele waren mit heißer Nadel gestrickt. Dieses hier ist ein
Standardwerk, das auch in Jahrzehnten nichts von seiner Bedeutung einbüßen wird, wie die
SZ prophezeit. Auf Grundlage einer außergewöhnlichen Bandbreite an Originalquellen und mit souveränem Überblick schildere der Göttinger Islamwissenschaftler
Tilman Nagel, wie Mohammed den Islam inmitten der
lebhaften Konkurrenz von Christentum, Judentum und anderer monotheistischen Religionen etablieren konnte und wie die neue Religion nach seinem Tod weiterwuchs. Den gleichzeitig erschienene Band über
"Allahs Liebling. Ursprung und Erscheinungsformen des Mohammedglaubens" sollte man gleich dazu bestellen, er ergänzt den erstgenannten und ist von ähnlich hoher Qualität.
Hans BeltingFlorenz und BagdadEine westöstliche Geschichte des Blicks
Hans Belting hat hier eine
biperspektivische Untersuchung des Blicks geschaffen, die "den Leser in wohl dosierten Abständen glücklich macht, dass es die andere Welt gegeben hat". So jubelt die Zeit, die an dieser fakten- und
gedankengesättigten Abhandlung über die Entwicklung des Blicks in westlichen und arabischen Ländern ihre kulturübergreifende Freude hat. Für einen Geniestreich hält die
SZ gar Beltings Versuch, der westlichen Zentralperspektive in der Kunst mit dem "
Buch von der Sehtheorie" des arabischen Philosophen
Alhazen einen arabischen Vorläufer aus dem 11. Jahrhundert zu verschaffen.
Jürgen G. NagelAbenteuer FernhandelDie Ostindienkompanien
Dass die Welt immer kleiner wird, ist eine Binsenweisheit. Die Globalisierung geschieht nun aber nicht gleichmäßig, sondern in gewaltigen Kontraktionsschüben. Einer der größeren wurde durch die bedien
ersten Weltkonzerne der Geschichte ausgelöst, die englische East India Company und die niederländische Vereinigte Ostindische Kompanie. Wie Jürgen Nagel die Eroberung der schon damals hoch entwickelten asiatischen Märkte beschreibt und dabei die großen historischen Linien vom
Kolonialhandel zum Kolonialismus herausarbeitet, das hat die Zeit nachhaltig beeindruckt. Wer sich ernsthaft mit der
Frühgeschichte der Globalisierung beschäftigt, komme um diese hervorragende Einführung künftig nicht mehr herum.
HörbuchRobert NippoldtJazz im New York der wilden Zwanziger1 CD
Ein Hör-Seh-Lesebuch: Die Roaring Twenties in New York, sie sind selten als derart stimmiges
Gesamtkunstwerk präsentiert wurden, schwärmt die
FAZ.
Robert Nippholdts Zeichnungen und Grafiken überzeugen durch den sparsamen, aber charakteristischen Strich. Kongenial ergänzt würden sie durch Hans-Jürgen Schaals anekdotenreiche Texte und die beigelegte CD mit Originalaufnahmen
bekannter Jazzmusiker der Zeit.
BildbandJim Rakete1/8 secVertraute Fremde
Mit einer wuchtigen
Linhof-Plattenkamera hat sich
Jim Rakete aufgemacht, um interessante Geschöpfe der Berliner Republik abzulichten. Eine Achtelsekunde müssen die Modelle stillhalten, und diese Ruhe tut den Bildern gut, wie die hingerissene
FAZ bemerkt. "
Gewebeproben der Seele" habe Rakete hier eingesammelt, und sich selbst in die erste Riege der Porträtfotografen katapultiert. Auch die
taz spürt auf den Bildern die besonderen Umstände der Aufnahme und ist von dieser gelungenen Verquickung von
altem Handwerk und aktueller Kulturprominenz nicht minder angetan.