01.12.2006. Die beiden besten türkischen Gegenwartsautoren, Orhan Pamuk und Hasan Ali Toptas, Nicole Krauss' gefeiertes Debüt oder das beste Filmbuch des Jahres: alles beste Weihnachtsware, soviel ist sicher. Nur ob man die Peanuts-Werkausgabe nun verschenken oder gleich selbst behalten soll, das können wir Ihnen leider auch nicht sagen.
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Noch mehr Anregungen gibt es natürlich weiterhin
- im vergangenen
Bücherbrief- in
Arno Widmanns Vom Nachttisch geräumt- in
Vorgeblättert- in der
Krimikolumne "
Mord und Ratschlag"
Die besten Bücher des Herbstes, inklusive der Beilagen zur
Frankfurter Buchmesse, finden Sie übrigens in den brandneuen
Büchern der Saison.
Buch des MonatsOrhan PamukIstanbulErinnerungen an eine Stadt
Der Nobelpreisträger hat seiner Heimatstadt ein prächtiges Denkmal gesetzt, da sind sich alle Rezensenten einig.
Orhan Pamuks Istanbul der Jugend ist eine traurige Stadt, durchtränkt vom süßen "
hüzun", der allgegenwärtigen Melancholie, notiert die
taz traumverloren. Die
FAZ reizt an diesem doppelten Familienalbum die Spannung zwischen der glanzvollen
osmanischen Vergangenheit und der schleichenden Verwestlichung sowohl der Stadt als auch der Pamuks. Die
NZZ freut sich über einen Einblick in die literarische Werkstatt des Autors und begrüßt einige Figuren aus früheren Romanen Pamuks. Die
FR sieht hier gar einen
fesselnden Liebesroman vor sich, mit der Stadt am Bosporus in der Rolle der Angebeteten.
LiteraturHasan Ali ToptasDie SchattenlosenRoman
Allein für
Hasan Ali Toptas würde es sich lohnen, Türkisch zu lernen, beteuert die
FAZ. Neben
Orhan Pamuk und
Yasar Kemal kürt sie Toptas umstandslos zum Dritten im Bunde der besten türkischen Gegenwartsschriftsteller. Alles sei hier vorhanden, was die orientalische Literatur auszeichne. Was Toptas für die FAZ aber zu einer Ausnahmeerscheinung macht, ist sein Talent, Wirklichkeit und Fantasie, Zeit und Ort verschwimmen zu lassen. Das alles werde so
surreal realistisch erzählt, dass in dieser Geschichte von einem anatolischen Dorf und der Suche nach einem verschwundenen Mädchen nichts weniger gelinge als die langerwartete Wiederverzauberung der Welt (
hier eine
Leseprobe aus "Vorgeblättert").
Nicole KraussKommt ein Mann ins ZimmerRoman
Intelligenter Erzählspaß,
experimentelles Gedankenspiel, psychologisch dicht erzählter Entwicklungsroman:
Nicole Krauss' jetzt ins Deutsche übertragenes Debüt scheint ziemlich viel auf einmal zu sein.
SZ und
FAZ sind begeistert von der Geschichte um das Einpflanzen eines fremden Gedächtnisses, von den Überlegungen zu Einsamkeit und Vergessen. Der anspruchsvollen
Zeit ist das immer noch ein wenig zu unterkomplex, trotz Zutaten wie magischer Realismus, deLillo-Apokalypse und Carson-McCullers-Melancholie.
Emily DickinsonGedichte Mit
Emily Dickinson beginnt für
Heinz Schlaffer die amerikanische Lyrik erst. Und mit der großen zweisprachigen Edition ihrer Gedichte erfährt Dickinson nun hoffentlich auch hierzulande die ihr gebührende Wertschätzung, schreibt er in der
SZ. Knapp,
spruchartig und anspruchsvoll sind die Gedichte, aber durch ihre Offenheit auch geistig unglaublich anregend, schwärmt Schlaffer. Die
FAZ reibt sich elektrisiert an
aufgerauhten Reimen und entlädt sich im Gegenzug an Gunhild Küblers beherzter und geschmeidiger Übersetzung.
Marjane Satrapi Huhn mit Pflaumen Marjane Satrapi wird immer besser, raunt die
taz und stellt zu ihrer Freude fest, dass die iranische Comiczeichnerin auch
wunderbar lebendige Geschichten erzählen kann, die nicht unmittelbar mit ihrer eigenen Biografie zusammenhängen. Wie der Musiker
Nasser Ali Khan in Trauer über seine zerstörte Laute stirbt, das präsentiert Satrapi laut
taz nichts weniger als meisterhaft, in acht Kapiteln für die letzten acht Tage.
SachbuchGötz Aly (Hrsg.) Volkes StimmeSkepsis und Führervertrauen im Nationalsozialismus
Nur die
Zeit hat sich des neuen Buchs von
Götz Aly bisher angenommen. Verlässlich innovativ ist der Historiker für sie spätestens seit
"Hitlers Volksstaat", und auch die Studie zur
Stimmung im Dritten Reich habe in ihrer kreativen wie aufschlussreichen Deutung von Kirchenaustritten oder Sparverhalten Pioniercharakter. Ihr Favorit ist in dieser Hinsicht die "
Adolf-Kurve", die aussagt, wie viele Neugeborene über die Jahre hinweg mit besagtem Namen gesegnet wurden.
Michael Baute / Volker Pantenburg (Hrsg.)93 Minutentexte: The Night of the Hunter Für die
FAZ ist es das
schönste Filmbuch des Jahres mit der besten Idee seit langem. 93 Autoren jeweils über eine Minute von
Charles Laughtons Klassiker "The Night of the Hunter" schreiben zu lassen, das kommt ihr ebenso genial wie zwingend vor. Wenn das Niveau dann so hoch bleibt wie hier, könnte sie sich noch eine ganze Reihe an Nachfolgebüchern vorstellen. Bei Ben Hur könnten allerdings die Autoren knapp werden.
HörbuchRiverbend Bagdad BurningEine Irakerin erzählt vom Zerfall ihres Landes
Sophie Rois liest Einträge aus dem Tagebuch einer Frau, die unter dem Pseudonym
Riverbend aus dem besetzten Irak schreibt. Ihr nach dem Einmarsch der Amerikaner gestarteter
Blog ist zu einer der bekanntesten Quellen für unverblümte Nachrichten vom irakischen Alltag geworden, ob es nun um die Identifizierung von
Gräbern mit Autokennzeichen oder den neuerlichen Zwang zum Kopftuch geht. Die
taz ist beeindruckt, sowohl vom Inhalt als auch der gut dazu passenden, zurückgenommen Sprache.
BildbandSteve MumfordBagdad JournalBilder aus dem besetzten Irak
Ein Maler berichtet von einem Kriegsschauplatz: Die
taz attestiert den Bildern des New Yorkers
Steve Mumford, der den Irak 2003 und 2004 bereiste, eine außergewöhnliche
aufklärerische Qualität. Gerade durch die erklärte Subjektivität eröffnen sich neue Horizonte, schwört sie. Und die Zeichnungen vom Alltag im besetzten
Irak ließen einen die alltäglichen dramatischen Nachrichtenbilder erst wirklich verstehen.
Charles M. Schulz Die Peanuts-WerkausgabeBand 1: Tages- & Sonntags-Strips 1950-52
Kinder sind perfide, gemein und
abgrundtief sadistisch, das Amerika der Vorstädte grausam, klein und fundamentalistisch. Besser geht's nicht, jubelt die
taz, die die Werkausgabe der Comicstrips von
Charles Schulz wärmstens willkommen heißt. Charlie Brown, Snoopy, Sally, Lucy und Linus sehen in den ersten Bänden zwar noch ein bisschen anders aus, der Humor aber, das können auch wir versichern, ist vom ersten Strip an
vertraut bissig.